Eröffnung der Partnerausstellung in Hermannstadt

Eröffnung Ausstellung in Hermannstadt050523 Plakate

Im siebenbürgischen Sibiu (Hermannstadt) wurde Anfang Mai 2023 die fünfte von zehn Ausstellungen der europäischen Museumskooperation „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ eröffnet. Die Ausstellung, die im evangelischen Kulturzentrum Friedrich Teutsch bis zum 30. Oktober gezeigt wird, trägt den Titel „Migrationsgrund Religionsfreiheit. Siebenbürgische Persönlichkeiten aus dem 16.–20. Jahrhundert“.

Gerhild Rudolf, Leiterin des Teutsch-Hauses, und Museumsleiterin Heidrun König verwiesen auf die historisch außergewöhnliche Glaubensfreiheit, die im 16. und 17. Jahrhundert in Siebenbürgen bestand, während etwa im Heiligen Römischen Reich die Untertanen verpflichtet waren, die Konfession des Landesherrn anzunehmen. „So kamen Glaubensflüchtlinge aus ganz Europa zu uns,“ berichtete König. Unter ihnen waren herausragende Persönlichkeiten wie Pfarrer Paul Wiener, der in der Reformationszeit aus Laibach/Ljubljana kam und der erste Superintendent der siebenbürgischen Kirche wurde, oder der Goldschmied Sebastian Hann, der wie viele andere Künstler im 17. Jahrhundert aus der oberungarischen (slowakischen) Zips nach Hermannstadt auswanderte.

Projektleiter Thomas Greif spannte den Bogen des Gemeinschaftsprojektes „von der Atlantikküste bis in die Karpaten“ – immer seien Protestanten aus unterschiedlichen Gründen auf der Flucht gewesen. Das Gemeinschaftsvorhaben „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“ mache historische Verbindungen über Grenzen hinweg erlebbar.
Siebenbürgen gehört seit dem Ende des Ersten Weltkrieges zu Rumänien. Von der deutschen Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen, die die Region fast 800 Jahre lang entscheidend prägte, leben heute noch rund 11.000 in dem Land.

Diakon Willi Haas (Rummelsberg), Museumsleiterin Heidrun König, Pfarrerin Angelika Beer, Bischof Reinhart Guib, Gerhild Rudolf, (Leiterin Teutsch-Haus) und Projekleiter Thomas Greif.
Diakon Willi Haas (Rummelsberg), Museumsleiterin Heidrun König, Pfarrerin Angelika Beer, Bischof Reinhart Guib, Gerhild Rudolf, (Leiterin Teutsch-Haus) und Projekleiter Thomas Greif.

Ausstellungskonzeption “Fremde beherbergen”

„Fremde beherbergen. Geschichte eines diakonischen Auftrags“ heißt die neue Ausstellung im Diakoniemuseum Rummelsberg. Eröffnung ist am Donnerstag, 16. März. Anhand von historischen Filmen, Bildern, Dokumenten, Karten und Objekten wird gezeigt, wie diakonische Einrichtungen in der Vergangenheit den biblischen Auftrag „Fremde beherbergen“ interpretiert und umgesetzt haben.

„Fremde beherbergen“ ist eines der „Sieben Werke der Barmherzigkeit“, die als ideelle Grundlage aller diakonischen Arbeit gelten. Wer glaubt, darunter sei nur Hilfe für Flüchtlinge und Vertriebene zu verstehen, unterschätzt die Bandbreite diakonischer Tätigkeit. Tatsächlich waren „Fremde“ im 19. Jahrhundert wandernde Handwerksgesellen, Kellner im Auslandsdienst oder Auswandererfamilien. In 16 „Herbergen zur Heimat“ und zwei „Arbeiterkolonien“ auf dem Simonshof (Unterfranken) und in Herzogsägmühle (Oberbayern) kümmerte man sich in Bayern um wohnungslose Wanderarbeiter.

Erst nach dem Ersten Weltkrieg begann die Fürsorge der „Inneren Mission“, wie die Diakonie früher hieß, für Deutsche aus der Sowjetunion, Polen oder dem Baltikum. „Brüder in Not“ hieß ab 1929 die erste reichsweite Hilfsaktion für Flüchtlinge und Vertriebene.

Spätestens ab 1945 wurde die Flüchtlingsfürsorge für mindestens eine Dekade zum alles beherrschenden Thema diakonischer Arbeit. Das eigens gegründete „Evangelische Hilfswerk“ sammelte Geld, Kleider und Lebensmittel, verteilte gespendete Fahrräder, Schuhe und Pfarrertalare, kurbelte den Wohnungsbau an, gründete Seniorenheime und Ausbildungswerkstätten für Flüchtlinge. Vor allem in Ostbayern entstanden evangelische Kirchengemeinden. Große diakonische Einrichtungen wie die Brüderschaft aus Carlshof (Ostpreußen) oder das Diakonissen-Mutterhaus Lehmgruben (Schlesien) siedelten sich in Bayern an.

Erst ab den 1970er Jahren wurde der Hilfsauftrag über Deutsche und Evangelische hinaus gedacht und auf Menschen in Not jedweder Herkunft ausgeweitet. Bis in die Gegenwart gehört die Migrationshilfe zu den gesellschaftlich wirkmächtigsten Tätigkeiten der Diakonie.

In der Ausstellung ist als herausragendes Exponat eine Glocke zu sehen, die schlesische Vertriebene nach 1945 der Rummelsberger Diakonie stifteten. Weitere Objekte stammen aus dem Hauptarchiv der Bodelschingh´schen Stiftungen in Bethel, dem einstigen Diakonissen-Mutterhaus Lehmgruben (Marktheidenfeld) und der Bahnhofsmission Würzburg. Im Museumskino sind Ausschnitte des Tonfilms „Es war ein Mensch“ von 1950 zu sehen. Zeitzeugen berichten über ihre Flucht aus Ostpreußen und Schlesien, Mitarbeitende der Rummelsberger Diakonie aus 20 Nationen über ihre Herkunft und ihre heutige Tätigkeit in Bayern.

Die Ausstellung ist Teil des Ausstellungsprojektes „Evangelische Migrationsgeschichte(n)“, an dem sich zehn evangelische Museen in sechs europäischen Ländern beteiligen (www.evangelisch-migrationsgeschichten.de). Es steht unter der Schirmherrschaft von Landesbischof Prof. Heinrich Bedford-Strohm.

„Fremde beherbergen. Geschichte eines diakonischen Auftrags“. Ausstellung vom 16.3.2023 bis zum 29.6.2025 im Diakoniemuseum Rummelsberg. Öffnungszeiten DI, DO und jeden 1. SO im Monat von 14 bis 17 Uhr oder jederzeit nach Vereinbarung. www.diakoniemuseum.de

Bericht Zeitzeugenprojekt

Kostbare Erinnerungsschätze
Bundesmittel für Zeitzeugenprojekt des Diakoniemuseums

Früher war alles besser…oder etwa doch nicht? Um das herauszukriegen, helfen neben Archivdokumenten am besten die Erinnerungen von Menschen, die schon viel erlebt haben. Das Diakoniemuseum Rummelsberg trägt solche Erinnerungen gerade in bayernweiten Videointerviews zusammen. Gefördert wird das Projekt aus dem „Soforthilfeprogramm Heimatmuseen 2021“, das der Deutsche Verband für Archäologie aus Bundesmitteln aufgelegt hat. Das Gesamtvolumen liegt bei etwa 20.000 Euro. „Bericht Zeitzeugenprojekt“ weiterlesen

Tagung gibt wichtige Impulse für das geplante Diakoneum

Wissenschaftler beleuchteten Geschichte der Diakonie in Bayern

Rummelsberg – Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Tagung des Vereins für bayerische Kirchengeschichte in Zusammenarbeit mit dem Diakoniemuseum Rummelsberg besucht. Thema war die „Geschichte der Diakonie in Bayern“. Vier Referenten, darunter ausgewiesene Diakonie-Fachleute, spannten den Bogen von der aufgeklärten Diakonie im 18. Jahrhundert bis zum diakonischen Handeln heute. „Diese und zwei weitere geplante Tagungen zur Gegenwart und Zukunft der Diakonie geben wichtige Impulse für die Erweiterung des Diakoniemuseums Rummelsberg zum Diakoneum“, sagte Museumsleiter Dr. Thomas Greif.

Der Greifswalder Diakoniehistoriker Prof. Dr. Thomas Kuhn sprach über die Rolle der Aufklärung für die Entstehung der Diakonie. Prof. Dr. Werner K. Blessing aus Erlangen ging darauf ein, warum Frauen im 19. Jahrhundert Diakonissen wurden. Er berichtete davon, dass Frauen zu dieser Zeit wenige Chancen hatten, aus den vorgefertigten Bahnen auszubrechen. Diakonissin zu werden, bot ihnen eine gute Ausbildung und eine sinnvolle Aufgabe. Der erste Tag schloss mit der Vorführung des Stummfilms „Dienen will ich“, den Pianist Ulrich Nehls live am Klavier begleitete.

Am zweiten Tag referierte der Erlanger Historiker Prof. Dr. Georg Seiderer über „Die Innere Mission in Bayern und das NS-Regime am Beispiel des Diakonissen-Mutterhauses Hensoltshöhe“. Er stellte heraus, dass die Hensoltshöhe in Gunzenhausen unter Rektor Pfarrer Ernst Keupp (1869-1948) die Nähe zum nationalsozialistischen Regime suchte und Keupp sich im Kirchenkampf den „Deutschen Christen“ anschloss. Im vierten und letzten Vortrag beleuchtete Pfarrer Jürgen Albert aus Kronberg (Hessen) das Verhältnis von verfasster Kirche und Diakonie, das bis heute immer wieder von Spannungen geprägt ist. Die Tagung endete mit einer Führung durch die aktuelle Ausstellung „Feldlazarett und Wanderkino“ im Diakoniemuseum und einem Rundgang durch Rummelsberg.

Information zum Diakoneum:

Mithilfe von Fördermitteln aus dem LEADER-Programm der Europäischen Union entwickelt die Rummelsberger Diakonie derzeit ihr Diakoniemuseum weiter zum Diakoneum. Bis 2021 entsteht das Konzept für einen modernen Lernort, der sich mit Diakoniegeschichte, Grundlagen christlicher Ethik und Zukunftsfragen auseinandersetzt. Mehr unter: www.diakoneum.de
Von: Andrea Höfig-Wismath